Epilog

Epilog

»Und dann?« fragte Anka.

Paschka schlug die Augen nieder, klopfte sich mit der flachen Hand ein paarmal aufs Knie, bückte sich und pflückte eine Erdbeere, die zu seinen Füßen wuchs. Anka wartete.

»Dann …«, murmelte er. »Eigentlich weiß ja keiner genau, was dann geschah, Anka. Seinen Sender hatte er zu Hause gelassen, und als das Haus niedergebrannt war, begriffen sie in der Kontrollstation, daß die Sache schlecht stand, und sie schickten sofort eine Einsatztruppe nach Arkanar. Für alle Fälle warfen sie über der Stadt eine ziemliche Menge Schlafgas ab. Das Haus war schon völlig niedergebrannt. Zuerst waren sie ganz konfus, sie wußten nicht, wo sie ihn suchen sollten, aber dann sahen sie …« Er wurde verlegen.

»Mit einem Wort, man sah die Spuren, die er hinterlassen hatte.« Paschka verstummte wieder und begann sich eine Erdbeere nach der andern in den Mund zu werfen. »Und?« sagte Anka leise.

»Sie kamen in den Palast … Dort haben sie ihn gefunden.«

»Wie?«

»Nun … er schlief. Und alle andern … rundherum … lagen auch auf dem Boden. Einige schliefen und einige … nun … Don Reba hat man auch gefunden …« Paschka warf einen raschen Blick auf Anka und schlug dann gleich wieder die Augen nieder. »Sie haben ihn genommen, das heißt, sie haben Anton genommen und ihn zur Basisstation geschafft … Verstehst du, Anka, er erzählt ja nichts. Und überhaupt spricht er jetzt wenig.«

Anka saß kerzengerade und ganz blaß da und blickte über Paschkas Kopf hinweg auf die kleine Wiese vor dem Holzhaus. Die Föhren rauschten und schwankten leicht, am blauen Himmel zogen langsam ein paar dicke Wolken dahin. »Und was war mit dem Mädchen?« fragte sie. »Ich weiß es nicht«, sagte Paschka hart.

»Hör mal, Paschka«, sagte Anka. »Vielleicht hätte ich überhaupt nicht herfahren sollen.«

»Jetzt mach aber einen Punkt! Bestimmt wird er sich freuen über dich …«

»Und ich hab das Gefühl, er versteckt sich hier irgendwo im Gebüsch, schaut uns zu und wartet, bis ich wieder weg bin.« Paschka lachte.

»Nein, nein«, sagte er. »Der Anton sitzt nicht im Gebüsch, das kannst du mir glauben. Er hat bloß keine Ahnung, daß du hier bist. Er ist irgendwo fischen, wie immer.«

»Und wie ist er denn zu dir?«

»So – so. Wir kommen ganz gut aus. Aber du wolltest doch etwas anderes …« Sie schwiegen.

»Anka«, sagte Paschka. »Erinnerst du dich an die anisotrope Straße?«

Anka runzelte die Stirn. »Was für eine?«

»Die anisotrope. Dort hing ein Einbahnschild. Kannst du dich erinnern? Wir waren zu dritt …«

»Ja, jetzt erinnere ich mich. Anton hat damals diesen Ausdruck verwendet.«

»Er ging damals gegen die Einbahn, und als er zurückkehrte, sagte er, er habe dort eine verfallene Brücke vorgefunden und das Skelett eines Deutschen, das an ein MG gekettet war.«

»Daran kann ich mich nicht erinnern«, sagte Anka. »Nun, und weiter?«

»Ich muß jetzt oft an diese Straße denken«, sagte Paschka. »Als wäre da irgendein Zusammenhang … Die Straße war anisotrop – wie die Geschichte. Es gibt kein Zurück. Und er ist drauflosgegangen. Und auf ein angekettetes Skelett gestoßen.«

»Ich kann dir nicht folgen. Was soll hier das angekettete Skelett?«

»Ich weiß nicht«, gestand Paschka. »Mir kommt es eben so vor.« Anka sagte:

»Laß ihn nicht zu viel zum Grübeln kommen! Schau, daß du die ganze Zeit mit ihm sprichst über irgendwelche belanglosen Dinge. Damit er auf andere Gedanken kommt.« Paschka seufzte. »Das weiß ich schon selber. Aber nur, was sollen ihm meine Belanglosigkeiten? … Er hört ein wenig zu, lächelt und sagt dann: Du, Paschka, setz du dich hin, und ich gehe ein bißchen spazieren. Und er geht weg. Und ich bleib da sitzen … Die erste Zeit bin ich wie ein Dummer heimlich hinter ihm hergegangen, jetzt aber sitz ich bloß hier und warte. Vielleicht könntest du …« Plötzlich erhob sich Anka. Paschka blickte sich um und stand gleichfalls auf. Mit angehaltenem Atem verfolgte Anka, wie über eine Lichtung im Wald Anton auf sie zugeschritten kam – riesengroß, breit und mit einem bleichen, ungebräunten Gesicht. Nichts hatte sich verändert an ihm, er war schon immer ein wenig düster gewesen.

Sie ging ihm entgegen.

»Anka«, sagte er zärtlich. »Anka, mein kleiner Freund …« Er streckte ihr seine riesigen Arme entgegen. Schüchtern beugte sie sich vor, sprang aber gleich wieder zurück. An seinen Fingern … Aber es war kein Blut, nur der Saft von Erdbeeren.



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